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    Fritz Lang
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Fritz Lang
    Von Frank Schnelle

    Schon die berühmte Filmhistorikerin Lotte H. Eisner wusste, dass bei Fritz Lang Leben und Werk kaum zu trennen waren. Das sei „das verteufelt Schwere“. Denn Lang, Meisterregisseur von deutschen Klassikern wie „Die Nibelungen“ oder „Metropolis“ und späteren US-Erfolgen wie „Scarlet Street“ oder „The Big Heat“, versuchte nach außen stets, das Private und das Professionelle auseinanderzuhalten; er setzte sich als aristokratischen Snob mit Monokel in Szene und ließ die Details seiner schillernden Biografie im Dunkeln. Erst lange nach seinem Tod ist einiges davon ans Licht gekommen, sind die eng verzahnten Zusammenhänge deutlich geworden. In „Fritz Lang“ erhebt der deutsche Filmemacher Gordian Maugg trotz des umfassend klingenden Titels keineswegs den Anspruch, den „ganzen“ Lang zu erklären. Vielmehr konzentriert er sich auf eine kurze, aber entscheidende Karrierephase des von Heino Ferch („Der Untergang“) mit stoischer Härte verkörperten Regisseurs: die Entstehung seines ersten Tonfilms „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Mauggs Mischung aus Fakt und Fiktion, Dokument und Inszenierung ist zugleich liebevolle Spurensuche und kühne Spekulation, ein hermetischer Kino-Essay in Schwarz-Weiß und im klassischen 4:3-Format.

    Ende der 20er Jahre ist Fritz Lang (Heino Ferch) beruflich wie privat in der Krise. Die bombastischen Konzepte seiner Stummfilmerfolge tragen nicht mehr. Und die Ehe mit Autorin Thea von Harbou (Johanna Gastdorf) ist allenfalls eine Arbeitsbeziehung. Erst die Berichte über die Jagd auf den ungewöhnlich brutalen Serienmörder Peter Kürten (Samuel Finzi) wecken die kreative Neugier des Regisseurs. Zu Recherchen fährt er nach Düsseldorf, trifft den prominenten Kriminalrat Gennat (Thomas Thieme) und, nach dessen Festnahme, auch den als „Vampir von Düsseldorf“ verschrienen Killer. Je tiefer Lang sich in den Fall hineinziehen lässt, desto klarer tritt ein möglicher Filmstoff hervor. Zugleich wird er von einem düsteren Kapitel seiner eigenen Vergangenheit eingeholt ...

    Seit seinem Kinodebüt „Der olympische Sommer“ von 1993 widmet sich Gordian Maugg in fast allen seinen Filmen der deutschen Historie. Sein wichtigstes Stilmittel ist dabei die Kombination aus dokumentarischen Bildern und frischer Inszenierung: Er verschränkt das Alte mit dem Neuen, das Dokument mit der Fantasie, um einen eigentümlichen pseudo-historischen Look zu erzielen. Mauggs Arbeiten funktionieren nicht als Spielfilme, es sind eher „Meta-Filme“, in denen ihre Fabriziertheit selbst zum Thema wird. In „Fritz Lang“ treibt er dieses Prinzip auf die Spitze. Wochenschaubilder, Ausschnitte aus Langs eigenen Werken, Momente aus anderen Spiel- und Dokumentarfilmen und nicht zuletzt zentrale Szenen aus „M“ werden kunstvoll und nicht selten unmerklich mit dem neuen Material verwoben, das seinerseits ganz im expressionistischen Stil der Epoche gefilmt ist. So entsteht ein assoziativer Mix für Connaisseure, ein Spiel mit Zitaten, Querverweisen und atmosphärischen Bezügen – in den besseren Momenten ein cineastisches Vergnügen, gelegentlich aber auch verquastes Kopfkino. Wer sich mit diesem Teil der Filmgeschichte weniger gut auskennt, bleibt leider außen vor.

    Und Lang, diese überlebensgroße Gestalt des deutschen Films? Er wird einerseits von Heino Ferch durchaus kraftvoll interpretiert als viriles Alphatier, dem die Orientierung abhanden gekommen ist. Er kokst, geht zu Prostituierten, neigt zu cholerischen Ausbrüchen. Andererseits bleibt Lang den ganzen Film hindurch ein Mysterium, dem man sich nur annähern, das man jedoch nicht durchdringen kann. Maugg geheimnisst so manche „künstlerische Vision“ in Langs Recherche hinein, und er stilisiert die Ereignisse rund um den nie geklärten Tod von Langs erster Ehefrau Elisabeth Rosenthal zum zentralen Trauma des Protagonisten. Alles in allem aber bleibt dieser Fritz Lang uns ein Fremder, dem wir am Ende kaum näher gekommen sind.

    Fazit: „Fritz Lang“ ist ein hochartifizieller Essay über die Entstehungsgeschichte von Langs Klassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Das raffinierte Ineinander von neuem und historischem Filmmaterial sorgt für das eine oder andere cineastische Aha-Erlebnis, insgesamt gelingt es Regisseur Gordian Maugg aber nicht, uns seinen bedeutenden Protagonisten auch menschlich näherzubringen.

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