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    So geht gutes Genre-Kino: "Sonne und Beton" hat, was anderen deutschen Filmen fehlt
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Pascal liebt das Kino von „Vertigo“ bis „Daniel, der Zauberer“. Allergisch reagiert er allerdings auf Jump Scares, Popcornraschler und den Irrglauben, „Joker“ wäre gelungen.

    Momentan läuft mit „Sonne und Beton“ die Adaption des gleichnamigen Bestsellerromans von Felix Lobrecht in den Kinos. Der Film zeigt dabei auf, was dem deutschen Genre-Kino in den letzten Jahren vor allem gefehlt hat: Authentizität.

    Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber authentische Milieustudien sucht man in Deutschland oftmals vergebens. Vor allem dann, wenn sie auch noch einen klaren Bezug zur Hip-Hop-Kultur aufweisen. Obgleich „Rheingold“ von Fatih Akin im letzten Jahr durchaus kraftvoll durch die schier unfassbare Vita des Gangsterrappers Xatar (hier gespielt von Emilio Sakraya) gefegt ist, fehlte letztlich doch das letzte Quäntchen, das ein „gut gemeint“ zu einem „gut gemacht“ erhebt. Kein Vergleich ist das aber zum Bushido-Biopic „Zeiten ändern Dich“ von 2010.

    Zum ersten Mal hat man in Deutschland jede Menge Geld in die Hand genommen, um einen Film auf die Beine zu stellen, in dessen Mittelpunkt ein hochgradig kontroverser Rapper und dessen Lebensrealität steht. Das Ergebnis aber war ein Debakel, welches nur darauf aus war, das Image von Bushido zu pflegen. Von Authentizität aber keine Spur. Vor allem hinsichtlich der Sprache war „Zeiten ändern Dich“ die reinste Trash-Veranstaltung, die hier aus zwei Gründen scheiterte: Bushido ist kein guter Schauspieler und die Dialoge wirkten gestelzt, imitiert und ausgestellt.

    Keine Fremdscham, sondern Tatsachen

    Hier aber kommt nun „Sonne und Beton“ ins Spiel, der für den deutschen Kinofilm genau das tut, was etwa „4 Blocks“ vor wenigen Jahren für die hiesige Serienlandschaft getan hat: Er zeichnet ein Milieu glaubhaft und greifbar nach. Man merkt, dass Menschen an dem Projekt beteiligt gewesen sind, die der hier porträtierten Welt nicht vollkommen fremd sind. Und das ist sogar noch untertrieben: Vorlagengeber und Co-Drehbuchautor Felix Lobrecht zum Beispiel ist in Neukölln-Gropiusstadt aufgewachsen. Er kennt diese am Reißbrett entstandene Gegend, die den Faktor Mensch gerne mal einfach ignoriert.

    In „Sonne und Beton“ dreht sich alles um die Clique des Jugendlichen Lukas (Levy Rico Arcos), der im Sommer 2003 auf einmal jede Menge Stress an der Backe hat: Nachdem er ordentlich auf die Fresse bekommen hat, steht er bei den örtlichen Dealern mit 500 Euro in der Kreide. Zusammen mit seinen Kumpels schmiedet er daraufhin den Plan, seine Schule um die neuen Computer zu erleichtern. Was eigentlich ganz einfach werden sollte, gestaltet sich zusehends komplizierter – und schlägt immer größere Wellen.

    Wer schon einmal in Neukölln – oder ganz explizit Gropiusstadt – unterwegs gewesen ist, der weiß, dass in diesen Städten ein ganz eigener Slang gesprochen wird, der sich aus dem deutschen und türkischen respektive arabischen zusammensetzt. Dieser Sprech, der oftmals bis zum Rand mit Vulgärismen gefüllt ist, kann für viele Außenstehende irritierend bis anstrengend wirken, weil er oft unstrukturiert ist und selten einer inneren Satzbaulogik folgt. Genau dieser Straßenslang aber ist das Herz von „Sonne und Beton“.

    Constantin Film

    Denn wohl kaum ein anderer Film aus Deutschland hat es in den letzten Jahren geschafft, dass ein flapsig hingerotztes „Wallah, ich fick deine Mutter, ja!“ authentisch gewirkt hat. Zuvor – nimmt man wieder Bezug auf „Zeiten ändern Dich“ - wirkten Sätze wie dieser eher immer, als wären sie von einem Ü50er geschrieben worden, der so tut, als hätte er noch Berührungspunkte mit der gegenwärtigen Jugendsprache. Im Falle von „Sonne & Beton“ merkt man, dass die Beteiligten Verständnis für das Milieu und gleichzeitig eben auch Sympathien dafür aufbringen.

    Dass nicht nur der Cast größtenteils direkt aus dem Kiez stammt und quasi aus den Schulen und von der Straße angeheuert wurde, sondern auch vor Ort gedreht wurde, unterstreicht den Authentizitätsfaktor von „Sonne und Beton“ natürlich noch einmal deutlich. Und das ist wohl das größte Lob, welches man dem Film ausstellen kann: Er wirkt echt.

    Lohnt sich "Sonne und Beton" auch darüber hinaus?

    Ja, „Sonne und Beton“ ist authentisch, aber kann er auch darüber hinaus überzeugen? Auch hier fällt die Antwort einfach aus: definitiv! In unserer offiziellen FILMSTARTS-Kritik gab es für die Felix-Lobrecht-Adaption starke 4 von 5 möglichen Sternen. Unser Autor Lars Christian Daniels schreibt in seinem Fazit:

    Die offizielle FILMSTARTS-Kritik zu „Sonne und Beton“

    „‚Sonne und Beton‘ wird dem Hype gerecht, der nach dem Erfolg des Romans auch im Vorfeld der Verfilmung so groß ist, dass die gesamte Kinotour zum Star innerhalb von Stunden ausverkauft war. ‚Feuchtgebiete‘-Regisseur David Wnendt legt gekonnt einen Berliner Brennpunkt unters Brennglas. Sonne und Beton überzeugt als authentisches Genrekino, wie man es hierzulande nur selten sieht.“

    Bei diesem Film hat sich Channing Tatum so in seine Rolle hineingesteigert, dass er sich tatsächlich selbst verletzt hat - und die Szene ist im Film geblieben!

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